Fragen und Antworten zur Bundesrechnung und Haushaltbereinigung

14.02.2024

Der Bund hat im Jahr 2023 weniger ausgegeben als budgetiert. Weil aber auch die Einnahmen niedriger waren als geplant, resultiert netto eine Neuverschuldung von 1,4 Milliarden Franken. Im ordentlichen Haushalt beträgt das Finanzierungsdefizit rund 670 Millionen Franken und ist zum zweiten Mal hintereinander höher als konjunkturell zulässig wäre, was zu einem strukturellen Finanzierungsdefizit von 350 Millionen Franken führt. Der Bundesrat wurde an seiner Sitzung vom 14. Februar 2024 über dieses provisorische Ergebnis informiert. Er hat zugleich die Bereinigungsmassnahmen für das Budget 2025 konkretisiert.

Der Bundesrat hat am 24. Januar 2024 und am 14. Februar 2024 wichtige Entscheide zur Haushaltbereinigung getroffen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Rechnungsergebnis 2023

Was sticht bei der Rechnung 2023 heraus?

  1. Zum zweiten Mal nacheinander schreibt der Bund 2023 ein strukturelles Defizit. Das heisst: Der Bund hat mehr ausgegeben, als die Schuldenbremse bei dieser Konjunkturlage erlaubt hätte.
  2. Die Einnahmen haben sich den Erwartungen entsprechend gut entwickelt. Die Einnahmen aus der direkten Bundessteuer und die Verrechnungssteuer, aber auch die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer haben gegenüber dem Vorjahr zugenommen.
  3. Auch die Ausgaben sind gewachsen. Langsamer zwar als die Einnahmen, aber doch schnell genug, dass ein Defizit bleibt  Die ordentlichen Ausgaben wuchsen auch schneller als das nominale BIP (2,8 % ggü. 2,4 %). Insbesondere der Bundesbeitrag an die AHV war 2023 um 405 Millionen höher als im Vorjahr. Auch für die Prämienverbilligungen und Ergänzungsleistungen stiegen die Ausgaben an (+259 Mio.). Für die Migration, Schutzsuchende aus der Ukraine und Asylsuchende beträgt die Zunahme 773 Millionen, insbesondere für Globalpauschalen zugunsten der Kantone (+368 Mio. ausserordentlich verbucht), für die Bundeszentren (+149 Mio) und für die Integration (+127 Mio.). Zudem sind die Rüstungsausgaben um 265 Millionen gewachsen. Und schliesslich hat der Bund für Bildung und Forschung 310 Millionen mehr ausgegeben als 2022.

Was bedeutet das Resultat für die Schulden?

Die Nettoverschuldung steigt an und beträgt neu 142 Milliarden Franken. Die Zunahme um 2,7 Milliarden ergibt sich aus dem Finanzierungsdefizit (-1,4 Mrd.) und aus Buchungen, die direkt dem Eigenkapital belastet wurden (-1,3 Mrd.). Die Nettoschulden werden neu breiter definiert. Sie umfassen das gesamte Fremdkapital (inkl. Rückstellungen) abzüglich des Finanzvermögens.

Die Bruttoschulden gemäss Maastricht-Definition beinhalten einen Teil des Fremdkapitals, d. h. die laufenden Verbindlichkeiten und die Geld- und Kapitalmarktschulden (Geldmarktbuchforderungen und Anleihen des Bundes). Sie steigen auf rund 128 Milliarden (+4,4 Mrd.), weil die langfristige Verschuldung in Form von Anleihen erhöht wurde.

Warum wurden die Zahlen aus der Rechnung 2022 angepasst?

Die Zahlen der Rechnung 2022 wurden angepasst, damit sie mit der Rechnung 2023 vergleichbar sind. Im Jahr 2023 wurden zwei Änderungen in der Rechnungslegung eingeführt:

  • Einerseits wurde die Änderung des Finanzhaushaltgesetzes (FHG) vom 19. März 2021 zur Vereinfachung und Optimierung der Haushaltssteuerung erstmals umgesetzt. Damit gilt bereits die Bildung von Abgrenzungen und Rückstellungen als schuldenbremsewirksam (und nicht erst die spätere Zahlung).
  • Ebenfalls ab 2023 umgesetzt wurde der Wechsel vom Cash- zum Forderungsprinzip bei der direkten Bundessteuer. Die Einnahmen werden neu verbucht, wenn die Kantone eine Steuerrechnung erstellen und damit eine Forderung gegenüber dem Steuerpflichtigen entsteht. Bisher wurden die Einnahmen zum Zeitpunkt der Zahlung verbucht.

In Bezug auf die Schuldenbremse führen die Änderungen dazu, dass sich das strukturelle Finanzierungsdefizit für das Jahr 2022 um 1,8 Milliarden verschlechtert (von 1,6 Mrd. gemäss letztjähriger Botschaft auf neu 3,4 Mrd.). Die Hautgründe dafür sind tiefere Einnahmen aus der Gewinnsteuer DBST, weil 2022 hohe Vorauszahlungen geleistet worden waren, für die noch keine Steuerrechnung vorlag (netto 1,2 Mrd.), sowie die Erhöhung der Rückstellung Mitholz im Jahr 2022 (0,8 Mrd.), die neu als Ausgabe berücksichtigt wird.

Voranschlag 2025

Das Budget 2025 wird schuldenbremsekonform ausfallen. Welche Massnahmen hat der Bundesrat getroffen?

Die aktualisierten Haushaltszahlen zeigten für 2025 ursprünglich ein strukturelles Finanzierungsdefizit von rund 2,5 Milliarden, u. a. wegen steigender Ausgaben für Sozialversicherungen, Prämienverbilligungen, Armee und weiterhin hohen Migrationsausgaben.

Um die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können, hat der Bundesrat deshalb am 24. Januar 2024 Entscheide zur Bereinigung des Budget 2025 getroffen, mit denen der ordentliche Haushalt um rund 2 Milliarden Franken entlastet werden kann. Inbegriffen ist darin auch eine Verzögerung bei der Vorlage zur familienergänzenden Kinderbetreuung (0,8 Mrd.). Auf der Ausgabenseite wurden folgende Kürzungen vorgenommen, ohne dass ein Leistungsabbau in Kauf genommen werden muss:

  • Kürzung der Einzahlung in den Bahninfrastrukturfonds um 300 Millionen (bisher geplant 150 Millionen)
  • Verzicht auf den Bundesbeitrag an die Arbeitslosenversicherung im Jahr 2025 (590 Millionen statt bisher geplant 250 Millionen)
  • Kürzung des Bundesbeitrags an den ETH-Bereich (Entnahme aus den Reserven; 100 Millionen)
  • Kürzung Fonds für Regionalentwicklung (25 Mio.)

Zudem:

  • Erhöhung der Tabaksteuer (35 Millionen)
  • Erneute ausserordentliche Verbuchung eines grossen Teils der Ausgaben für Schutzsuchende aus der Ukraine (gut 1 Mrd.)

Der Bundesrat hat am 14. Februar 2024 zudem eine lineare Kürzung der schwach gebundenen Ausgaben um 1,4  gegenüber dem Finanzplan 2025–27 (350 Millionen) beschlossen, wobei die Armee ausgenommen wurde.

Hat der Bundesrat auch Massnahmen auf der Einnahmenseite ergriffen?

Ja. Die bereits letztes Jahr beschlossene Einführung einer Importsteuer auf Elektrofahrzeuge bringt dem Bund seit dem 1. Januar 2024 jährlich über 200 Millionen ein. Die Erhöhung der Tabaksteuer soll darüber hinaus ab 2025 zusätzliche Einnahmen von mindestens ca. 35 Millionen Franken pro Jahr generieren. Zudem wurde die OECD-Mindestbesteuerung per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt, was ab 2026 zu Einnahmen aus der Ergänzungssteuer führen dürfte (+1600 Mio., davon Bundesanteil 400 Mio.).

Warum ist nach zwei Jahren ohne Gewinnausschüttung diese trotzdem wieder budgetiert?

Die Gewinnausschüttung der SNB ist in den kommenden Jahren mit Unsicherheiten behaftet. Aufgrund des nach wie vor hohen Gewinnpotenzials (hohe Bilanzsumme) und im Sinn einer stetigen Budgetierung hält der Bundesrat aber daran fest, den ordentlichen Teil der Gewinnausschüttung (Grundbetrag, 666 Mio.) zu budgetieren, auch um eine stetige Ausgabenpolitik ohne Stop-and-go zu gewährleisten. Die Zusatzausschüttung wird aber nicht budgetiert. Damit verzögert sich der Covid-Schuldenabbau entsprechend.

Ist die ausserordentliche Budgetierung der Status-S-Kosten auch noch im vierten Kriegsjahr berechtigt?

Das Finanzhaushaltgesetz definiert als Bedingung für eine ausserordentliche Budgetierung eine «aussergewöhnliche und vom Bund nicht steuerbare Entwicklung» (Art. 15 Abs. 1 Bst. a). Die Ausnahmeklausel darf – ein sehr grosses Ereignis vorausgesetzt – auch mehrere Jahre in Folge angerufen werden. Um ein solches Ereignis handelte es sich bei Corona und auch bei der Welle von Schutzsuchenden aus der Ukraine. Bis Anfang 2023 ging man davon aus, dass der Schutzstatus im Jahr 2024 aufgehoben werden kann und die Schutzsuchenden in die Ukraine zurückkehren würden, was aufgrund des anhaltenden Krieges wohl nicht möglich sein wird. Aus diesem Grund geht der Bundesrat in der Finanzplanung neu davon aus, dass viele Schutzsuchende auch 2025 in der Schweiz bleiben. Er wird daher auch 2025 nochmals Ausserordentlichkeit für die Status S-Ausgaben (Schutzsuchende Ukraine) geltend machen; es ist das vierte Jahr in Folge. Weil die Ausserordentlichkeit aber kein Dauerzustand sein kann, will der Bundesrat ab 2025 schrittweise aus der Ausserordentlichkeit aussteigen und damit den Schuldenaufbau reduzieren. Deshalb sind im Jahr 2025 vorerst 150 Millionen Franken im ordentlichen Budget eingestellt. Spätestens 2028 sollen alle Asylausgaben wieder ordentlich finanziert werden.

Finanzplanbereinigung 2026-2028

Wie hoch sind die Defizite ab 2026?

Nachdem das Ausgabenwachstum bereits im Budget 2024 reduziert wurde, zeigt sich nun, dass die Haushaltlage auch in den nächsten Jahren sehr schwierig bleibt. Der Bundesrat rechnet für 2026 aktuell mit einem strukturellen Defizit von 1,5 Milliarden. In den Jahren ab 2027 steigen die Defizite auf über 3 Milliarden. Hier braucht es tiefgreifende Massnahmen.

Was sind die Hauptgründe für die Defizite in den nächsten Jahren?

Die Defizite kommen hauptsächlich durch das kräftige Wachstum der sozialen Wohlfahrt (v. a. AHV,  individuelle Prämienverbilligungen), Ausgabenbeschlüsse (v.a. Armee, Kinderbetreuung) und die anhaltend hohen Migrationsausgaben zustande. Weil die Ausgaben für die AHV und die Armee deutlich schneller wachsen als die Einnahmen, werden die Defizite mittelfristig von Jahr zu Jahr grösser. Für die Schutzsuchenden aus der Ukraine sind 2025–2027 pro Jahr rund 1,2 Milliarden eingestellt. Das Parlament hat zudem im Rahmen der Beratung des Voranschlags 2024 höhere Ausgaben für die Landwirtschaft und den Regionalen Personenverkehr beschlossen.

Gelten die für das Budget 2025 beschlossenen Bereinigungsmassnahmen im Umfang von gesamthaft 2 Milliarden auch für die Finanzplanjahre?

  • Die linearen Kürzungen im Umfang von rund 350 Millionen werden auch in den Folgejahren Wirkung zeigen. Gleiches gilt für die Tabaksteuer.
  • Die Kürzungen von Fondseinlagen (Arbeitslosenversicherung, BIF, Regionalentwicklung, ETH-Bereich) sind dagegen befristet und wirken lediglich für 1-3 Jahre.
  • Die Ausserordentlichkeit für den Status S kann ebenfalls nicht dauerhaft in Anspruch genommen werden; der Bundesrat will bis spätestens 2028 darauf verzichten.

Sind Kürzungen bei Fonds-Einlagen und ein Rückgriff auf das ALV-Vermögen richtige Sparmassnahmen oder nur eine Verschiebung von einer Tasche in die andere?

Im Vordergrund stehen zunächst Massnahmen, die nicht mit Leistungskürzungen verbunden sind. Die Arbeitslosenversicherung hat ihr Vermögen während der Covid-Krise auf rund 4 Milliarden ausgebaut und budgetiert 2024 einen Milliardenüberschuss. Der Bund hat der ALV einen Grossteil der Kosten der Covid-Krise übernommen, insbesondere 16 Mrd. für die Kurzarbeitsentschädigung. Vor diesem Hintergrund scheint es gerechtfertigt, einen Teil dieser Steuergelder zurückzuholen. Dies bedingt führt zu keinen Leistungskürzungen. Auch der Bahninfrastrukturfonds (BIF) hat Reserven von über 1 Milliarde Franken. Eine vorübergehende Kürzung der Einlagen gefährdet weder Ausbau noch Betrieb der Bahninfrastruktur. Sowohl bei der ALV wie auch beim BIF sind zudem Sicherungen eingebaut, um zu tiefe Fondsstände zu verhindern. Auch der ETH-Bereich hat mit den Bundesbeiträgen über die Jahre 1,4 Milliarden Reserven angehäuft, weshalb eine Kürzung des Bundesbeitrags ohne Leistungsabbau möglich ist. Grundsätzlich sollte zuerst dort gespart werden, wo es zu keinen Leistungskürzungen kommt. Diese Massnahmen sind aber nicht langfristig nachhaltig und der Bund wird darum in den nächsten Jahren nicht darum herum kommen, auch strukturelle Massnahmen zu ergreifen und Reformen an die Hand zu nehmen. Das wird auch ein Leistungsabbau bedeuten müssen.

Aufgabenprüfung

Werden zusätzliche Massnahmen erforderlich sein, um den Bundeshaushalt auszugleichen?

Ja. Die beschlossenen Massnahmen reichen insbesondere in der mittleren Frist nicht aus, um den Bundeshaushalt nachhaltig auszugleichen. Der Bundesrat wird deshalb rasch eine grundlegende Überprüfung der Aufgaben und Subventionen des Bundes in Angriff nehmen. Er hat das EFD bereits im Januar beauftragt, ihm bis spätestens Ende März ein entsprechendes Konzept zu unterbreiten. Die Aufgabenüberprüfung soll rasch kommen und sämtliche Ausgaben des Bundes umfassen, sowohl den Eigen- wie auch den Transferbereich, das Personal und den Sachaufwand, die schwach wie auch die stark gebundenen Ausgaben.

Letzte Änderung 04.11.2024

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