Prognose für die öffentlichen Finanzen: Herausfordernde Situation für Bund und Sozialversicherungen

19.03.2024

Die finanzielle Entwicklung der öffentlichen Hand dürfte nach einer zunächst positiven Entwicklung massgeblich von den steigenden Ausgaben für die AHV geprägt werden. In den Jahren 2026 und 2027 dürfte sich der Finanzierungsüberschuss des Gesamtstaates dadurch stark reduzieren. Auf Bundesebene werden Finanzierungsdefizite erwartet. Dies zeigen die neuesten Prognosen der Finanzstatistik der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV).

Die Finanzstatistik der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) stellt zweimal jährlich Prognosen der öffentlichen Finanzhaushalte (Bund, Kantone, Gemeinden und Sozialversicherungen) bis 2027 an. Die neusten Zahlen zeigen folgendes Bild:

2023: Finanzierungsüberschuss trotz Wegfall der SNB-Ausschüttungen

2023 dürfte sich nach den bis jetzt vorliegenden Zahlen der Finanzierungsüberschuss von Bund, Kantonen, Gemeinden und Sozialversicherungen im Vergleich zum Vorjahr insgesamt um 2,4 Milliarden auf 4,4 Milliarden reduzieren. Die Reduktion ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass die Ausgaben der Kantone im Verhältnis zu ihren Einnahmen stärker steigen, andererseits auf die wegfallenden SNB-Gewinnausschüttungen. Die Nettoschulden erhöhen sich leicht auf 125,2 Milliarden, vor allem weil die Bundesschulden ansteigen.

Prognose 2024–2025: Stabile Überschüsse für den Gesamtstaat trotz Defiziten beim Bund

2024 wird für den Teilsektor Bund ein Finanzierungsdefizit von 2,4 Milliarden erwartet, hauptsächlich aufgrund ausserordentlicher Ausgaben im Zusammenhang mit der Ukraine (1,2 Milliarden) und dem Kapitalzuschuss an die SBB (1,2 Milliarden). Für das Jahr 2025 wird sich das Finanzierungsdefizit des Bundes nach derzeitiger Planung auf 1,1 Milliarden reduzieren, vor allem aufgrund der weiterhin anfallenden ausserordentlichen Ausgaben für die Ukraine. Die Kantone und die Sozialversicherungen dürften wiederum mit komfortablen Überschüssen abschliessen. Die Sozialversicherungen profitieren dabei von der günstigen Beschäftigungslage, was zu Minderausgaben und Mehreinnahmen führt. Zudem profitieren die Sozialversicherungen 2024 von der Erhöhung der Mehrwertsteuer im Rahmen der AHV-Reform. Der Finanzierungsüberschuss für den Gesamtstaat dürfte damit 2024 4,8 Milliarden und 2025 4,6 Milliarden betragen. Die konsolidierte Nettoverschuldung für den Gesamtstaat dürfte demensprechend bis Ende 2025 rückläufig sein.

Prognose 2026–2027: Geprägt von der Entwicklung der Sozialversicherungen

2026 und 2027 zeigt sich auf Ebene des Gesamtstaats eine starke Reduzierung des Finanzierungssaldos auf ein Minus von 0,5 Milliarden. Während die Kantone weiterhin Überschüsse von ungefähr 2,6 Milliarden generieren dürften, dürfte sich die finanzielle Lage insbesondere der Sozialversicherungen deutlich verschlechtern. Die Annahme der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente wird ab 2026 zu Mehrausgaben der AHV von rund 4,3 Milliarden führen (nominale Preise). Die Finanzierung der zusätzlichen Kosten ist noch nicht geklärt. In der Prognose der Finanzstatistik wird daher angenommen, dass rund 3,4 Milliarden vorübergehend über das Finanzvermögen der AHV gedeckt werden und sich die Ausgaben des Bundes 2026 um rund 875 Millionen erhöhen, da der Bund ein Fünftel der AHV-Kosten trägt. Zur Finanzierung dieser Zusatzlast werden zurzeit jedoch Vorschläge erarbeitet. In Summe führt dies zu einem deutlich stärkeren Rückgang des Finanzierungssaldos der Sozialversicherungen um 2,9 Milliarden auf rund 1,3 Milliarden im Jahr 2026 und 0,1 Milliarden im Jahr 2027. Unter der Annahme, dass keine Bereinigungsmassnahmen getroffen werden, wird beim Teilsektor Bund in den Jahren 2026 und 2027 ein Defizit von 1,3 Milliarden bzw. von 3,0 Milliarden erwartet, hauptsächlich bedingt durch zusätzliche Leistungen des Bundes an die AHV, sowie höhere Rüstungsausgaben und Hilfeleistungen für Schutzsuchende in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine.

Nettoschuldenquote: Geringer Rückgang über den Prognosezeitraum

Die Nettoschuldenquote des Gesamtstaats gemessen am Bruttoinlandprodukt (BIP) sinkt voraussichtlich von 16,2 Prozent im Jahr 2023 auf 15,0 Prozent im Jahr 2027. Der Rückgang der Quote in allen Teilsektoren ist vor allem durch das erwartete Wirtschaftswachstum getrieben. Die Nettoschuldenquote der Schweiz dürfte im Jahr 2027 damit deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder von 46,7% liegen.

Nettoschuldenquote 1990–2027 im internationalen Vergleich: in % des BIP; GFS-Modell

Risiken: Die grössten Risiken für die Staatsfinanzen ergeben sich aus den möglichen Auswirkungen von Kriegen und Konflikten in verschiedenen Regionen der Welt (Ukraine, Gaza und Naher Osten, Afghanistan). Eine weitere Eskalation der Lage in diesen Regionen könnte zu einem starken Zustrom von Flüchtlingen führen, was höhere Ausgaben für soziale Sicherheit und Bildung erforderlich machen würde. Darüber hinaus stellen die Unsicherheiten bezüglich der Gewinnausschüttungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) an den Bund und die Kantone ein weiteres Risiko dar. Die offene Frage zur Finanzierung der 13. AHV-Rente ist zusätzlich mit Risiken verbunden, sowohl auf Bundesebene als auch für den Finanzierungssaldo der Sozialversicherungen. Die derzeitige ungewisse Entwicklung der Inflation zusammen mit den zukünftigen geldpolitischen Entscheidungen birgt sowohl Chancen als auch Risiken für die Staatsfinanzen.

Prognoseannahmen: Die vorliegenden Prognosen für die öffentlichen Finanzen basieren auf den aktuellsten Beschlüssen von Bund, Kantonen und Gemeinden bezüglich Budgets und Finanzplänen. Ergänzt werden diese Informationen auf der Einnahmeseite mit den aktuellsten Prognosen zur Wirtschaftsentwicklung und mit Erfahrungswerten zu Budget­unter­schreitungen auf der Ausgabenseite.

 

Detaillierte Daten der Finanzstatistik

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Letzte Änderung 19.03.2024

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