Grundlagen

1 Übersicht

Der Föderalismus ist eines der tragenden Prinzipien der schweizerischen Verfassung. Nach diesem Organisationsprinzip verfügen die einzelnen Glieder über eine gewisse Eigenständigkeit, sind aber zu einer übergreifenden Gesamtheit zusammengeschlossen. Eng mit dem Föderalismus verzahnt ist in der Schweiz das Prinzip der Subsidiarität. Es bestimmt, dass staatliche Aufgaben nur dann einer übergeordneten staatlichen Ebene (Bund, Kantone) übertragen werden sollen, wenn diese die Aufgaben nachweislich besser erfüllt als die untergeordneten staatlichen Ebenen (Kantone, Gemeinden).

Ein wesentliches Element dieses Föderalismus ist die Finanzautonomie, d.h. die Befugnis der Gebietskörperschaften der drei Ebenen, ihre Aufgaben im Prinzip eigenständig zu lösen und die zu deren Finanzierung notwendigen Steuern und Abgaben selber zu erheben. Im Verein mit dem starken direktdemokratischen Element, das dem Bürger auf den drei staatlichen Ebenen bei vielen Sachfragen Entscheidungsbefugnisse einräumt, führt dies zu einem tendenziell sparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Da die Gebietskörperschaften einer staatlichen Ebene miteinander in einem gewissen Wettbewerb um die Steuerzahler stehen, liegt die Steuerbelastung weniger hoch bzw. steigt weniger rasch an als in anderen Systemen.

Im Zuge der Gesetzgebungstätigkeit von Bund und Kantonen wurde die Kompetenzverteilung zwischen den beiden staatlichen Ebenen bis 2008 immer mehr zu einem schwer durchschaubaren Komplex von Aufgaben, Kompetenzen, Anreizen und Finanztransfers verwischt, so dass sie dem Subsidiaritätsprinzip nur noch ungenügend entsprach und einer effizienten Arbeit der öffentlichen Haushalte im Wege stand. Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen dient dazu, die Aufgaben und Kompetenzen wieder klar und übersichtlich zu gestalten.

Allerdings verfügen die einzelnen Gemeinwesen nicht im gleichen Ausmass über finanzielle Ressourcen. Die geografische Lage, unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklung und weitere Ursachen führen zu Unterschieden im Steuersubstrat. Um die sich dadurch ergebenden Disparitäten in Steuerbelastung und Ausstattung mit öffentlichen Gütern auf ein gesellschaftlich akzeptiertes Mass zu reduzieren, wurden in den Kantonen und auf Bundesebene Finanzausgleichssysteme entwickelt. Der nationale Finanzausgleich verringert die Disparitäten zwischen den Kantonen. Er schafft so die erforderlichen finanziellen Voraussetzungen für die Erhaltung des föderativen Staatsaufbaus (Art. 135 der Bundesverfassung). Der nationale Finanzausgleich wird von der Eidgenössischen Finanzverwaltung aufgrund des einschlägigen Rechts durchgeführt.

Der aktuelle Finanzausgleich ist seit Anfang 2008 in Kraft und strebt zusammen mit der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen zwei Hauptziele an: Minderung der kantonalen Unterschiede in der Versorgung mit öffentlichen Gütern und in der Steuerbelastung sowie Steigerung der Effizienz der staatlichen Leistungserbringung. Das alte System genügte den Anforderungen nicht mehr. Es beruhte nicht auf einem konsistent konzipierten System, sondern war seit Gründung des Bundesstaats historisch allmählich gewachsen.

Wichtigste rechtliche Grundlagen des Finanz- und Lastenausgleichs bilden das Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) und die Verordnung vom 7. November 2007 über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaV).

Der nationale Finanzausgleich setzt mit fünf Instrumenten an zwei Hebeln an: zum einen bei den Finanzen (Finanzausgleich im engeren Sinn: Ressourcenausgleich und Lastenausgleich), zum anderen bei den Aufgaben (Finanzausgleich im weiteren Sinn: Entflechtung der Aufgaben, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen, interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich).  

2 Aufgabenteilung (Finanzausgleich im weiteren Sinn)

Beim Finanzausgleich im weiteren Sinn handelt es sich um eine Grundlage des föderativen Staatsaufbaus, nämlich um die klare Zuweisung der Aufgaben auf Bund und Kantone, um geeignete Formen der Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ebenen und um die interkantonale Zusammenarbeit mit Lastenausgleich.

Der geltenden Aufgabenverteilung ging eine Entflechtung der historischen, über die Jahrzehnte gewachsenen Aufgaben- und Kompetenzverteilung voraus, deren Resultat unübersichtlich und ineffizient geworden war und fasche Anreize geschaffen hatte. Die Grundsätze der Aufgabenverteilung bilden nun Subsidiarität sowie fiskalische Äquivalenz – d.h. Verteilung der Lasten nach dem Nutzen – und Kongruenz, also Deckungsgleichheit von Nutzniessern und Beitragszahlern. Im Einzelnen ist die Aufgabenentflechtung in der Bundesverfassung in den Art. 58–123 und in den Übergangbestimmungen (Art. 197) sowie in verschiedenen Gesetzesänderungen verankert.

Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen wird durch Programmvereinbarungen ergänzt, in welchen die Partner die Ziele gemeinsam festlegen. Der Bund unterstützt die Programme durch Globalbeiträge, während die operative Umsetzung den Kantonen überlassen bleibt. Die rechtliche Grundlage für dieses Instrument bildet Art. 46 Abs. 2 der Bundesverfassung.

Bei der interkantonalen Zusammenarbeit schliesst die Bundesverfassung mit Art. 48 Abs. 5 und Art. 5 Gesetzeslücken. Namentlich kann der Bund die Kantone zur Zusammenarbeit bei einem Lastenausgleich verpflichten (Art. 48a Bundesverfassung). Das Bundesparlament kann in neun explizit aufgeführten Aufgabenbereichen auf Antrag beteiligter Kantone eine interkantonale Vereinbarung allgemeinverbindlich erklären oder einen Kanton zum Beitritt verpflichten (Art. 14 und 15 FiLaG). Von dieser Möglichkeit wurde bisher nicht Gebrauch gemacht.

3 Finanzausgleich im engeren Sinn

Kernelemente des Finanzausgleichs im engeren Sinn sind der Ressourcen- und der Lastenausgleich.

3.1 Ressourcenausgleich

Der Ressourcenausgleich basiert auf einem Index der kantonalen Ressourcen- bzw. Steuerpotenziale. Anhand dieses Indexes werden die Kantone in ressourcenstarke und ressourcenschwache Kantone eingeteilt. Ressourcenschwache Kantone erhalten von den ressourcenstarken Kantonen (horizontaler Ressourcenausgleich) und vom Bund (vertikaler Ressourcenausgleich) finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, über die sie frei verfügen können. Der Steuerwettbewerb zwischen den Kantonen bleibt dabei erhalten.

3.2 Lastenausgleich

Der Lastenausgleich soll unverschuldete und unbeeinflussbare Lasten der Kantone, die sich aus der räumlichen Entwicklung von Wirtschaft und Bevölkerung ergeben, abgelten. Er arbeitet mit zwei Lastenausgleichsgefässen: dem geografisch-topografischen und dem soziodemografischen Lastenausgleich.

4 Temporäre Massnahmen

Neben dem Ressourcen- und dem Lastenausgleich gibt es noch weitere, zeitlich befristete Ausgleiche, welche die negativen Auswirkungen von Reformen im Finanzausgleich auf die Kantone reduzieren sollen.

Der Härteausgleich (Art. 19 FiLaG) ist von 2008 bis längstens 2036 befristet. Er sorgt dafür, dass der neue Finanzausgleich im Jahr 2008 ohne Härtefälle unter den Kantonen eingeführt werden konnte. Er wird durch den Bund und alle Kantone gemeinsam finanziert. Seit 2016 reduzieren sich die Beiträge jährlich um 5 Prozent.

Die temporären Abfederungsmassnahmen zu Gunsten der ressourcenschwachen Kantone sind in Artikel 19c FiLaG geregelt und sollen die negativen Auswirkungen der Finanzausgleichsrevision 2020 mildern. Dieser Ausgleich wird vollständig vom Bund finanziert und ist auf die Jahre 2021 – 2025 befristet.

Die Ergänzungsbeiträge (Artikel 23a Absatz 4 FiLaG) werden vollständig vom Bund finanziert sollen in den Jahren 2024 – 2030 die Wirkung der Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) auf die ressourcenschwächsten Kantone abfedern.

Externe Links

Letzte Änderung 06.02.2024

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