Fragen und Antworten zur Bundesrechnung und Haushaltbereinigung

15.02.2023

Der Bundeshaushalt schliesst das Jahr 2022 mit einem hohen Defizit von 4,3 Milliarden Franken ab. Auch in den kommenden Jahren drohen grosse Defizite. Der Bundesrat hat deshalb Massnahmen beschlossen, um den Haushalt wieder ins Lot zu bringen.

Der Bundesrat hat am 25. Januar 2023 und am 15. Februar 2023 wichtige Entscheide zur Haushaltbereinigung getroffen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Rechnungsergebnis 2022

Wie lässt sich dieses Defizit im dritten Jahr in Folge erklären?

Die grossen Finanzierungsdefizite der Jahre 2020 und 2021 im Umfang von 16 und 12 Milliarden Franken waren auf die hohen Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zurückzuführen. Das Defizit 2022 ist wiederum auf die Corona-Ausgaben zurückzuführen, aber nicht nur. Im Unterschied zu den vorangehenden Jahren weist der ordentliche Haushalt ein strukturelles Defizit aus. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Verrechnungssteuereinnahmen, die tiefer als erwartet ausfielen.

Was bedeutet ein «strukturelles Defizit» und was ist die Folge davon?

Ein strukturelles Defizit bedeutet, dass auch bei normaler Konjunktur die Einnahmen nicht ausreichen, um die Ausgaben zu finanzieren. Die Schuldenbremse verlangt, dass mittelfristig über einen Konjunkturzyklus hinweg die Ausgaben nicht höher sind als die Einnahmen. Ohne die Berücksichtigung der Konjunktur wäre die Ausgabenentwicklung grösseren Schwankungen ausgesetzt.

Im Jahr 2022 liess die Schuldenbremse aufgrund der leicht  unterausgelasteten Wirtschaft ein konjunkturelles Defizit von 0,3 Milliarden Franken zu. Dieses reicht nicht aus, um im ordentlichen Haushalt das Finanzierungsdefizit von 1,9 Milliarden Franken aufzufangen. Daher resultiert ein strukturelles Defizit von 1,6 Milliarden Franken. Das strukturelle Defizit wird dem Ausgleichskonto belastet, der Kontrollstatistik der Schuldenbremse für den ordentlichen Haushalt. Da das Ausgleichskonto weiterhin einen hohen positiven Stand aufweist (21,9 Mrd. per Ende 2022), kommt die Sanktionsregel der Schuldenbremse nicht zum Tragen; es müssen keine Ausgabenkürzungen vorgenommen werden.

Wie haben sich die Bruttoschulden entwickelt? Warum sind sie so stark angestiegen?

Die Bruttoschulden gemäss Maastricht (EU-Definition) haben von 109 Milliarden Franken auf 120 Milliarden Franken zugenommen. Dies entspricht einer Zunahme von 11 Milliarden. Ursache ist einerseits das Finanzierungsdefizit, andererseits musste die Liquidität des Bundes erhöht werden, insbesondere für den Rettungsschirm für die Elektrizitätswirtschaft (4 Mrd. für Axpo) sowie für die Rückerstattungen der Verrechnungssteuer (höhere Rückforderungen wegen Ende der Negativzinsen). Zu Beginn der Coronapandemie war ein gegenteiliger Effekt zu beobachten: Die hohen Ausgaben konnten im ersten Pandemiejahr 2020 rund zur Hälfte durch einen Abbau der Liquidität (d.h. des Finanzvermögens) finanziert werden.

Die Nettoschulden (Bruttoschulden minus Finanzvermögen) haben von 76 Milliarden Franken auf 83 Milliarden Franke zugenommen (+7 Mrd.).

Voranschlag 2024

Das Budget 2024 wird schuldenbremsenkonform ausfallen. Welche Massnahmen hat der Bundesrat dafür getroffen?

Die aktualisierten Haushaltszahlen zeigen für 2024 ein strukturelles Finanzierungsdefizit von 2 Milliarden, das hauptsächlich durch neue, nicht gegenfinanzierte Ausgaben verursacht wird. Um die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten zu können, hat der Bundesrat am 25. Januar ein Bereinigungskonzept mit folgenden Eckwerten beschlossen, die v.a. auf der Ausgabenseite ansetzen:

  • Der Pflichtbeitrag für das Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe wird ab 2024 nicht mehr budgetiert, stattdessen sind Auffangmassnahmen vorgesehen. Der Forschung soll kein Geld entzogen werden.
  • Die Armeeausgaben sollen langsamer wachsen als im Finanzplan 2024-2026 vorgesehen. Für die Finanzplanjahre 2025-2026 ist ein reales Wachstum von 3 Prozent pro Jahr vorgesehen (statt wie im letzten Finanzplan 7% real).
  • Einführung der Automobilsteuer auf Elektrofahrzeugen, d.h. auf die bisherige  Steuerbefreiung soll verzichtet werden.
  • Die Migrationsausgaben im Zusammenhang mit dem Status S werden wegen deutlichem Mehrbedarf ausserordentlich verbucht. Das vermindert die ordentlichen Ausgaben in diesem Bereich.

Diese Massnahmen entlasten den Haushalt um knapp 1,6 Milliarden Franken. Das verbleibende Finanzierungsdefizit von knapp einer halben Milliarde soll mit linearen Kürzungen von 2 Prozent bei den schwach gebundenen Ausgaben beseitigt werden.

Der Bundesrat hat eine Sparvorgabe von 2% beschlossen. Wo werden diese Einsparungen vorgenommen?

Die Einsparungen werden bei den schwach gebundenen Ausgaben vorgenommen (internationale Zusammenarbeit, Kultur, Landwirtschaft, Regionaler Personenverkehr, Umwelt, Standortförderung, Eigenbereich, die Verwaltung). Ausgenommen ist die Armee, weil ihr Ausgabenwachstum bereits reduziert wurde. Der Bundesrat hat allen Departementen und der Bundeskanzlei lineare Kürzungsvorgaben gemacht. Die Departemente definieren die konkreten Massnahmen selbständig.

Warum können bei Horizon 0,6 Mrd. eingespart werden, wenn der Forschung kein Geld entzogen werden soll?

Bei einer Assoziierung würde der Bund der EU den Pflichtbeitrag auf der Basis der im Jahr 2024 geplanten Verpflichtungen leisten. Die Schweiz würde damit bereits für die gesamte Dauer dieser Projekte bezahlen (Vorschuss). Die EU würde die Mittel an die Forschenden während bis zu 10 Jahren auszahlen. Dies erklärt auch, weshalb Schweizer Forschende nach wie vor Beiträge von der EU erhalten. Diese sind für Projekte aus der letzten Programmgeneration, an welche die Schweiz noch assoziiert war.

Bei der Höhe der Auffangmassnahmen orientiert sich der Bundesrat am Rückfluss der vergangenen Jahre. Er bezahlt den Forschenden die Beiträge direkt oder via SNF/Innosuisse nach Projektfortschritt, also über bis zu 10 Jahre. Dies wird in Voranschlag und Finanzplan entsprechend vorgesehen. Für die Forschenden ergibt sich demnach bezüglich der Auszahlung der Mittel kein Unterschied zur Assoziierung.

Die Entlastungen sind deshalb in den ersten Jahren beträchtlich, mittelfristig würden sich die Auffangmassnahmen dem Niveau des Pflichtbeitrags annähern.

Was bedeuten die Massnahmen für die Armeeausgaben?

Grundsätzlich bleibt das Ziel, die Armeeausgaben auf 1 Prozent des BIP aufzustocken. Der Bundesrat hielt aber bereits in seinen Antworten auf die entsprechenden Motionen fest, dass er die Entwicklung der Armeeausgaben im Lichte der Gesamtausgaben des Bundeshaushaltes laufend beurteilen werde. Das Wachstum der Armeeausgaben wird in den nächsten Jahren zwar etwas nach unten korrigiert, die Ausgaben werden aber immer noch doppelt so stark wachsen wie bisher. Um bis 2030 1 Prozent des BIP zu erreichen, müssten die Ausgaben aber noch deutlich stärker wachsen (über 8 Prozent nominal pro Jahr), daher ist es derzeit das Ziel, bis 2035 1 Prozent zu erreichen.

Wird die SNB-Gewinnausschüttung 2024 weiterhin budgetiert?

Die Gewinnausschüttung der SNB ist in den kommenden Jahren mit Unsicherheiten behaftet. Aufgrund des nach wie vor hohen Gewinnpotenzials (hohe Bilanzsumme) und im Sinn einer stetigen Budgetierung hält der Bundesrat aber daran fest, den ordentlichen Teil der Gewinnausschüttung (Grundbetrag) zu budgetieren, auch um eine stetige Ausgabenpolitik ohne Stop-and-go zu gewährleisten. Diesen Entscheid hat das Parlament gestützt. Die Zusatzausschüttung wird aber nicht budgetiert.

Steht eine Verschiebung der Abschaffung der Industriezölle noch zur Diskussion?

Nein. Der Bundesrat hat 2022 mehrfach über eine Verschiebung der Aufhebung der Industriezölle um ein Jahr diskutiert. Aus Sicht des EFD wäre es gegenüber der Wirtschaft kaum mehr zu erklären, das Inkrafttreten des Gesetzes noch um ein Jahr zu verschieben, weil die Inkraftsetzung der neuen Rechtsgrundlagen bereits vor Jahresfrist beschlossen wurde. Zudem wäre ein einjähriger Aufschub keine nachhaltige Entlastung.

Das Budget 2024 ist nun knapp ausgeglichen. Müssen zusätzliche Massnahmen ergriffen werden, wenn weitere Ausgaben beschlossen werden?

Mit den Massnahmen von insgesamt rund 2 Milliarden (gezielte Massnahmen & Kürzung von 2 Prozent bei schwach gebundenen Ausgaben) ist der Voranschlag 2024 knapp ausgeglichen. Es besteht jedoch kein Spielraum für neue Vorhaben. Es ist weiterhin grosse ausgabenpolitische Disziplin angezeigt. Sollte ein Mehrbedarf entstehen, so müsste der Bundesrat im Juni 2023 bei der Bereinigung und Verabschiedung des Budgets 2024 über weitere Sparmassnahmen befinden.

Die Einführung einer Importsteuer auf Elektrofahrzeugen soll pro Jahr Mehreinnahmen von 200 Millionen Franken einbringen. Wird damit der Anreiz zum Kauf von Elektrofahrzeugen nicht geschmälert?

Elektrofahrzeuge sind derzeit von der Automobilsteuer (4% des Fahrzeugwertes bei der Einfuhr) befreit. Die Einnahmen aus der Automobilsteuer dienen der Finanzierung der Strasseninfrastruktur, die auch von Elektrofahrzeugen genutzt wird. Die Elektrofahrzeuge dürften gemäss eMobility Schweiz bei den Neuinverkehrssetzungen bereits ab 2030 zwei Drittel und mehr ausmachen.   Diese ursprünglich als Fördermassnahme eingeführte Ausnahme ist deshalb nicht mehr notwendig. Der Bundesrat hat 1997 bei Einführung der Ausnahmeregel gegenüber dem Parlament zugesichert, solange an der Befreiung festzuhalten, bis der Importanteil «gross» wird, was aus Sicht des Bundesrates jetzt der Fall ist. Der Markt für Elektroautos hat sich rasant entwickelt und die Preise sind gesunken. Gemäss eMobility Schweiz wird spätestens 2025 die Preisparität zwischen Automobilen mit fossilen Antrieben und Elektroautomobilen erreicht.

Finanzplanbereinigung 2025–2026 – Sparmassnahmen im gebundenen Bereich

Gelten die für das Budget 2024 beschlossenen Bereinigungsmassnahmen im Umfang von gesamthaft 2 Milliarden auch für die Finanzplanjahre?

Ja, die Beschlüsse zur Armee, zu Horizon, zur Automobilsteuer wie auch die Sparvorgaben von 2% im ungebundenen Bereich werden auch in den Finanzplanjahren weiterzogen. Mit diesen Massnahmen können auch ab 2025 Einsparungen von über 1,5 Milliarden vorgenommen werden. Die Entlastung im Migrationsbereich ist jedoch einmalig, ab 2025 müssen die Migrationsausgaben wieder im ordentlichen Budget untergebracht werden.

Wie hoch sind die voraussichtlichen Defizite in den Finanzplanjahren ab 2025 und welche zusätzlichen Sparmassnahmen sind geplant? Wie viel soll bei den gebundenen Ausgaben gespart werden?

Auch wenn die Bereinigungsmassnahmen vom Voranschlag 2024 im Umfang von rund 2 Milliarden (gezielte Massnahmen sowie lineare Einsparungen von 2 Prozent bei schwach gebundenen Ausgaben) weitergezogen werden, drohen in den Finanzplanjahren nach wie vor hohe strukturelle Defizite: 1,4 Milliarden im Jahr 2025 und 1 Milliarde im Jahr 2026. Die Bereinigung der Finanzplanjahre erfordert daher zusätzliche Massnahmen. Der Bundesrat hat deshalb entschieden, dass neben den schwach gebundenen auch die stark gebundenen Ausgaben zur Bereinigung des Budgets beitragen sollen.

Nach welchen Kriterien hat der Bundesrat die Stossrichtungen bei den gebundenen Ausgaben definiert? Wie hoch ist das damit verbundene Sparpotenzial?

Im Vordergrund stehen Bereiche, in denen ohne Leistungsabbau und Verfassungsänderung signifikante Einsparungen erzielt werden können. Im stark gebundenen Bereich hat sich der Bundesrat zum Ziel gesetzt, die Finanzpläne ab 2025 um 600 Millionen bis 1 Milliarde pro Jahr zu entlasten. Dazu will er bis Ende März 2023 verschiedene Massnahmen weiter vertiefen.

Letzte Änderung 16.10.2023

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